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ostwetterlage - vierte alleinfahrt
gestern bei wenig wind nach rügen gestartet. ostwetterlage, blauer himmel, angenehm warm, nur der wind noch kühl. mit südost 1-2 bft. aus der bucht gesegelt, vor dem segelsetzen noch überlegt, ob ich den blister setzen soll oder doch lieber - sicherheit - die 35er fock. setzte dann die fock, was eine sehr gute entscheidung war, denn schon nach dem kap drehte der wind auf nordost und frischte auf 4 bft., sodass ich erst das groß reffte und später auch das vorsegel barg und die kleine fock setzte. hoch am wind konnte ich die steilküste zicker gut anliegen. und staunte wieder darüber, wie gut aimé hoch am wind den kurs alleine halten kann, wenn der segeltrimm stimmt. mit einem bändsel setzte ich das ruder fest und das boot segelte von selbst. auch bei den segelmanövern wieder das erstaunen, dass das schiff sich gut verhält. zum großsegel reffen lässt sich das boot nur mit der fock am wind gut austarieren und fährt mit festgesetztem ruder gut geradeaus, sucht sich seinen weg durch die wellen und korrigiert durch die veränderung des segeldrucks bei kursänderungen selbst den kurs. irre. mit dem großsegel ist es fast ebenso, nur dass ein kurs hoch am wind nicht zu halten ist, weil das boot allein mit dem groß stärker giert, es lässt sich dann eher beidrehen nur mit dem großsegel und macht dann wenig fahrt. für den vorsegelwechsel ist das aber sehr angenehm, weil bei wellengang die bugspitze der wasseroberfläche doch sehr nahe kommt und die auf-und-ab-bewegung sehr stark ist.
das ankermanöver vor gager unter segeln. mit einer sanften brise kein problem. nur noch ein anderes boot, das vor anker liegt, die andern fahren alle in den hafen. der ankerplatz unglaublich idyllisch, immer noch. an der ostseite von hohen, grasbewachsenen hügeln gesäumt, nach norden hin flachland und im nordwesten, quer über die große bucht, zwei kleine dörfer in der ferne, von denen man gerade noch die kirchtürme ausmachen kann. nach westen hin dann der weite bodden, das andere ufer ist nicht zu sehen, meereshorizont.
erst hatte ich sorge, ob der anker halten würde, aber die drei stunden bis sonnenuntergang hielt er, und die kälte hielt mich in der nacht eher wach als die sorge um den anker.
am nächsten tag (= heute) dann nach dem café die idee, nicht gleich zurück sondern weiter zu fahren, auf die ostsee, rund rügen, oder zur greifswalder oie. aber dann verging die zeit mit überlegen, ob das zeitlich zu schaffen ist, ob ich lust habe, einen tag lang alleine durch ein kompliziert betonntes gebiet zu fahren (ohne navigationsrechner, nur mit papierseekarten), und ob das gut ist für das rigg. das gab dann auch den ausschlag. auf der hinfahrt hatte ich schon gesehen, dass der mast immer noch arbeitet, und das ist jetzt auch das nächste, was gemacht werden muss, bevor eine weitere fahrt ansteht.
also blieb ich noch ein bisschen, genoss die sonne und die stille. gegen zwei frischte der wind auf 5 bft. auf, der seewetterbericht hatte davon nichts erwähnt. eine gute probe für den anker, der gut hielt, auch wenn das boot zwischendurch stark schwojte. gegen drei wurde der wind böig und schickte trotz der nähe zum ufer kleine steile wellen, die das boot richtig arbeiten ließen. das ankermanöver geriet zur starkwindübung. zu allem überfluss hatten sich noch zwei hanseln mit ihrem kleinen angelboot ziemlich direkt in lee in sehr geringer entfernung hingelegt. es ging also darum, dass das boot, wenn der anker lose käme, nach backbord drehen würde. wie bei den letzten malen (jedes mal weniger wind als heute) wollte ich zuerst das großsegel setzen und dann den anker holen. also setzte ich das großsegel, schon gleich im zweiten reff, und begann, die ankerkette dicht zu holen. was aber nicht so gut ging, weil das boot mit dem gesetzten segel noch stärker schwojte und anfing, fahrt aufzunehmen. also das segel wieder bergen. nächster versuch: den anker ohne segel bergen, und beim letzten stück darauf achten, dass das boot erst in die richtige richtung schwojt, dann den anker bergen und das boot quer zum wind etwas fahrt aufnehmen lassen. das ging auch noch ganz gut. abgesehen davon, dass das boot wegen des falsch eingeschlagenen ruders erstmal eine ganze weile nicht in die richtige richtung drehen wollte, obwohl der anker im schlamm steckte (bzw. durch den schlamm gezogen wurde). ich ändere also die ruderstellung. das boot kommt klar. anker auf. ein riesiger schlammbollen am anker. das boot treibt quer zum wind, ist auch richtig so, der anker schleift durchs wasser, aber der matsch geht erst mit dem bootshaken ab. die säuberungsaktion dauert zehn minuten. jetzt die segel setzen. der wind erreicht in böen stärke 6. meine überlegung: das ruder ganz nach luv legen, dann einen teil des großsegels setzen, das boot luvt an und ich dann das ganze segel hochziehen. also sicherungszeising gelöst, segel hochziehen - aber das boot bleibt quer zum wind liegen, das segel klemmt in den wanten, muss wieder geborgen werden. nächster versuch: ohne segel abfallen, fahrt aufnehmen und dann aufschießen. geht auch schief. das boot kommt einfach nicht rum, der wind ist zu stark. letzter versuch (und darüber hatte ich schon nachgedacht, als wir noch vor anker lagen, aber wahrscheinlich war die leichtwindgewohnheit zu sehr drin): erst das vorsegel setzen, dann das boot hoch am wind stabilisieren und das großsegel setzen. vorher denke ich noch: okay, das ist eben jetzt ein übungstag. vorsegel gesetzt, sofort nimmt das boot fahrt auf, lässt sich aber gut am wind stabilisieren, sodass ich auch das großsegel gut setzen kann. das ist also die lösung der wahl für ankermanöver bei viel wind.
gut ist, dass ich die kleine fock und das groß im zweiten reff gesetzt habe. gut ist auch, dass ich schon vorher entschieden hatte, zurück zu fahren. der wind hat weiter aufgefrischt und weht jetzt mit 5-6 bft., in böen etwas mehr. mit raumem wind segeln wir mit sechseinhalb bis sieben knoten. die wellen von schräg achtern legen das boot immer wieder weit auf die seite oder schieben das boot in den surf. außer uns ist nur ein anderes boot in der ferne zu sehen. die sonne glitzert auf dem mit schaumkronen geschmückten wasser. das ist irgendwie grandios und ich fühle mich an eine überfahrt bei einem kanarentörn erinnert, die bei ähnlichem wetter und ähnlich starkem wind eine ähnliche stimmung erzeugte: mischung aus ehrfurcht, lust, erhabenheit und einem bisschen angst davor, es könnte jetzt irgendwas mit dem boot sein. heute der gedanke an die alten segel. das rigg ist jetzt ziemlich stabil, aber im großsegel scheint schon die sonne durch die nähte, so stark haben sich die durchstiche an beanspruchten stellen erweitert.
gleich nach dem setzen der fock noch in der bucht versagte die winsch auf der backbordseite ihren dienst. die sperrklinke hängt. war auch nur eine frage der zeit, bis das alte fett so verharzt ist, dass die klinke nicht mehr einrastet. also die winschen säubern. gut, dass der rest der strecke nur steuerbordbug war! trotzdem ist es immer blöd, wenn ein wichtiges teil ausfällt. auch gefühlmäßig. nachdem ich fünf jahre lang den rumpf bearbeitet habe, dann letztes jahr und dieses den mast und das stehende gut samt beschlägen, sind jetzt die winschen dran und auch die fallen und blöcke und der baumniederholer. das hatte keiner von uns auf dem schirm, dass das nochmal ebensoviel aufmerksamkeit verlangt wie all die anderen sachen! we need gear! jetzt sind also nochmal basteleien und verbesserungen angesagt, bevor es wieder weiter raus geht. abgesehen von den anderen wichtigen entscheidungen, die anstehen.

07. May. 2011

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