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polen, eine zwischeninsel, sicherheitsversuch und das ende einer reise
in kolberg gabe es noch eine überraschung: vor uns lag eine first 53f5, auf der ich vor inzwischen dreizehn jahren bei einem überführungstörn von nantes nach gran canaria mitgesegelt bin. ein wirklich verrückter zufall. das kurze gespräch mit den (inzwischen neuen) eignern bestätigte diese vermutung - es war tatsächlich das gleiche schiff. auf dem törn damals war noch ein typ dabei, der von den kanaren aus per segelboot-anhalter in die karibik und dann weiter bis chile wollte. deshalb hatte er kopien aus einem buch mit dem titel the seagoing hitch-hikers handbook dabei. in diesem buch sind die wichtigsten fahrtenhäfen der welt benannt und beschrieben, insbesondere die spots, an denen man die skipper trifft, die evtl. noch crew suchen. er selbst bekam auf madeira dann einen anruf von einer verflossenen liebe und flog kurz entschlossen von madeira aus zurück nach berlin. mir überließ er die kopien, und so fand ich in las palmas die yacht, auf der ich dann in die karibik segelte.
polen war nach der schönen insel bornholm mit den niedlichen häusern und den ruhigen häfen ein ziemlicher bruch. im hafen von kolberg waren alle kais in betrieb, riesige schleppnetzfischer legten an und ab, wurden von lkws gelöscht, am kai gegenüber wurde kräftig gebaut und daneben lag ein großer frachter, der von langen, dünnen kränen tag und nacht beladen wurde. ähnlich war es in swinemünde, wo der hafen noch größer ist. an der hafeneinfahrt wird hier auch mit schwerem gerät gebaut und es sieht so aus, als entstünde hier ein neuer tiefwasserhafen. auch an land vieles anders, erstmal natürlich die sprache, dann auch das geld, und die preise, vor allem in kolberg, aber auch noch in swinemünde. zum teil ist es, als würden unsere klischees wirklich bestätigt, man müsste nochmal genauer hinschauen, weil insgesamt sind wir dazu wohl etwas zu erschöpft von den langen fahrten.
bei der ausfahrt aus swinemünde zieht ein heftiges gewitter von land über see und mir rutscht das herz wieder in die hose. kein wetter, das mir unbehaglicher ist, als gewitter. aber die schwarze wolke zieht vor uns vorbei und wir rutschen aus der swinemündung die westküste der pommernbucht entlang nach nordwesten, bevor das nächste gewitter dann hinter uns durchzieht. auch bei unserer ankunft hatte es über swinemünde oder überm oderhaff gewittert, und mir schien, als sei das auch den geografischen besonderheiten geschuldet. später jedenfalls klarte sich der himmel auf und kurz vor peenemünde sprangen wir bei badewetter nochmal ins wasser, an der grenze zwischen bodden und ostsee. dabei noch ein langerwarteter versuch - ein sprung ins wasser mit einer der rettungswesten an. ich hab mich immer schon gefragt, wie das ist, wenn eine automatische rettungsweste aufgeht, ob sie überhaupt aufgeht, und wie sie dann aussieht und sich anfühlt im aufgeblasenen zustand und wie man damit schwimmt. und aufgehen tut sie jedenfalls. es dauert so zwei bis drei sekunden bis die automatik auslöst, aber dann bläst sich die weste recht schnell auf. ich höre, wie die klettverschlüsse aufgehen und sich der schwimmkörper mit luft füllt. die weste habe ich relativ locker angelegt, und ich habe auch nichts direkt drunter, bin deshalb erstaunt, wie fest sich der schwimmkörper um den hals legt und dass das gurtzeug sich um den oberkörper etwas stramm zieht. das ist bestimmt gut, weil der kopf natürlich unbedingt über wasser gehalten werden muss, trotzdem lasse ich erstmal etwas luft ab, um das beengende gefühl um die kehle loszuwerden. beim schwimmversuch trägt die weste sehr gut und ich kriege den kopf nicht unter wasser. nur mit mühe kann ich mich überhaupt auf den bauch drehen, die weste dreht mich aber sofort wieder in eine stabile rückenlage. schwimmen kann ich mit der weste deshalb auch nur auf dem rücken. man sieht dann nicht, wohin man schwimmt, muss ab und zu den kopf recken.
auf jeden fall hab ich bei diesem versuch ziemlich viel über die weste gelernt - welche mechanismen wie funktionieren, wie sich die weste anfühlt, wo genau das ventil sitzt und mit welchen handgriffen es funktioniert, wie der schwerpunkt sitzt im aufgeblasenen zustand und wo der bergegurt befestigt ist, welche festigkeit der stoff des schwimmkörpers hat und wie man mit der weste im wasser schwimmt. Und das ist, weil es eins der wichtigsten rettungsmittel ist an bord, eine gute sache. in zukunft werde ich das bei der sicherheitseinweisung mit berücksichtigen können. wenn ichs mir genau überlege, könnte das echt eine übung sein, die bei der ausbildung zum sportküstenschifferschein oder zum sportseeschifferschein auch eine rolle spielen könnte. wobei es eben das problem von all diesen sportbootausbildungen ist, dass die ausbildungsinhalte wegen des preisdrucks der segelschulen in viel zu kurzer zeit vermittelt werden und die praxis (in einem emphatischen sinn einer praxis, die das ausprobieren und kennenlernen von techniken und material beinhaltet) zu kurz kommt.

später am nachmittag laufen wir bei null wind im hafen der insel ruden ein, machen zwischen zwei booten, die schon da sind, fest. überlegt hatten wir, bis greifswald zu laufen, aber der gedanke an das klare ende der reise schreckt uns alle ab, wir brauchen diesen zwischenhalt auf dieser insel zwischen ostsee und bodden, für uns auch zwischen schweden+bornholm+polen und schland, um nicht zu abrupt aus dem unterwegssein gegen das ende zu rutschen. später am abend sitzen wir an der mole, trinken und singen, a. und n. zwischendurch mit balkan-beatbox-sprechgesang, unser gruß raus aufs meer und an die ferne und weite, aus der wir gekommen sind.
der letzte schlag dann über den greifswalder bodden, einlaufen in bekannte gewässer, für die ich keine seekarte mehr brauche, erst unter motor, der letzte große schlag dann aber bei schönstem wind und sonne stabil unter segeln bis vor die hafeneinfahrt, wo wir die vier-uhr-brücke gerade verpassen und eine halbe stunde vor dem hafen treiben, letzte blicke aufs wasser werfen, um kurz vor fünf dann hinterm fahrgastschiff in den hafen einzulaufen, die brücke zu passieren, den ryck hochzufahren, dann sind wir fest, zurück, ende der reise.

27. Aug. 2011

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