Ozeansegeln. Reiseaufzeichnungen

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rückfahrt von neustadt
nach dem gewittererlebnis, das mich erschöpft und müde überraschte, kam ich bei sehr wenig wind am nächsten tag unbeschadet von kühlungsborn bis warnemünde. den plan, von dort aus gleich bis stralsund weiter zu segeln, musste ich aufgeben. kein wind. und andere pflichten. also blieb das boot einige tage im alten strom liegen.
für den reisetag verkündete der wetterbericht die wenigen tage zuvor beständig einen starken westwind, der im lauf des tages erst abnehmen und dann am späten nachmittag über nord auf ost drehen würde. deshalb ging es früh los. tagesziel war hiddensee, eine fahrt von mehr als fünfzig meilen. am abend vor der fahrt blies der wind mit sechs bis acht windstärken aus west. auf den booten im alten strom standen die mannschaften der yachten besorgt am steg und hofften, dass die fender dem druck stand halten würden. am schlimmsten ging es den yachten ganz vorne am kai, wo der wind ohne hindernis quer gegen die yachten prallte und sie am steg gut auf die seite legte. aimé hat für solche fälle zwei sehr große kugelfender, die sonst ohne luft in der backskiste liegen. an diesem abend war ich sehr froh um diese eigentlich völlig übertriebenen riesenbojen.
spät am abend machte ich noch einen spaziergang zum molenkopf. dem wind entgegen sehen, der da so stark an der hafeneinfahrt vorbei blies, dass die wellen, die um den luvwärtigen molenkopf rollten, sich im hafen mit aufspritzender gischt an den aufgeschütteten steinbrocken brachen.
im morgengrauen bereitete ich mich und das boot vor. für den tag schmierte ich brote, füllte die wasserflaschen auf, deponierte die kekse in reichweite des niedergangs. mit rückenwind würde ich tagsüber das steuer nur für sehr kurze zeit verlassen können, weil aimé zwar am wind den kurs mit festgelegtem ruder hält, bei raumen kursen aber nicht.
der wind blies immer noch ordentlich, aber nicht mehr mit sturmstärke. mit blick auf die vorhersage setzte ich das großsegel ins zweite reff und schlug die mittelgroße arbeitsfock an. glücklicherweise lag aimé in der windabdeckung der hochgebauten häuser, sodass das ablegen alleine gut hinhaute. boot ein wenig mit dem heck nach draußen gedreht, dann vorspring los, mit dem bootshaken noch etwas nachgedrückt und rückwärts weg. im engen strom neben dem seenotrettungskreuzer treibend verstaute ich die fender. legte dann den vorwärtsgang ein und fuhr ins große hafenbecken. drehte dort in den wind und setzte erst das großsegel, dann die fock. stoppte den motor und nahm kurs auf die hafeneinfahrt.
erst fuhr der wind noch fast zaghaft in die segel. aber vor der hafeneinfahrt schoben sich die wellen immer noch hoch vorbei, versprühten gischt, als sie auf die molenköpfe prallten. aimé fährt die ersten abgeflachten wellen hinauf, die durch die einfahrt drehen. nimmt mit zunehmendem wind an fahrt auf. wir segeln mit halbem wind, was zum rausfahren sehr gut ist, umdrehen käme in frage, wenn es nötig sein sollte. je näher die molenköpfe kommen, desto mehr wind fährt in die segel, legt das boot erst sanft, dann stärker auf die seite. wir nehmen fahrt auf. die wellenbewegung wird heftiger. und plötzlich sind die beiden molenköpfe querab, verschwinden die mauern, öffnet sich der blick auf eine wilde see, heben uns die meterhohen wellen, drückt uns der wind auf die seite. mir fährt der schreck kurz in die glieder, ich greife das ruder fester. halte den halbwindkurs, um zu sehen, ob das so funktionieren wird. gischt sprüht übers vordeck. die wellen lecken an der luvseite hoch, schwappen aufs seitendeck. in den böen legt sich aimé weit über.
ein stück segeln wir auf halbwindkurs raus, dann drehen wir nach steuerbord ab, fieren die segel, nehmen kurs auf die nordwestspitze vom darß, unserem ersten etappenziel an diesem tag. das boot beschleunigt, die hohen wellen schieben gut und wir haben mehr segelfläche gesetzt, als nötig wäre, gottseidank aber nicht zuviel. das boot ist, bei aller achterbahnfahrt, die uns die steile, hohe, schräg von hinten auflaufende welle beschert, gut händelbar und bleibt stabil auf kurs
die wetterlage ist stabil, und nachdem ich anfangs bei der achterbahnfahrt ein bisschen muffensausen kriege, fange ich jetzt an, die rauschende fahrt zu genießen. über grund laufen wir mit konstant sieben bis acht knoten. schneller geht nicht. aber das ist auch nötig, um die lange strecke zu schaffen. es ist bisher die längste strecke, die ich alleine auf dem meer mit dem boot fahre.
nach einigen stunden kommen wir an dem großen windfeld vorbei, das vor dem darß gebaut wird. riesige generatoren sollen hier strom erzeugen. noch stehen sie aber, trotz des guten wetters, still. einige ragen nur als stummel aus dem wasser und warten noch auf ihre flügel.
ansonsten ist die fahrt nicht sehr ereignisreich. ich genieße das segeln, anstrengend ist aber, dass ich das ruder überhaupt nicht verlassen kann. für längere fahrten ist das nicht praktikabel. zumal dann, wenn segelwechsel notwendig werden und man dafür nicht extra auf den amwindkurs wechseln möchte. erstaunlich ist die wetterentwicklung. wie vorhergesagt flaut der wind im lauf des tages ab, bis fast flaute herrscht. und mit dem wind verschwinden auch die wellen, die anfangs zum teil noch so hoch sind, dass ich im cockpit sitzend aus dem wellental heraus nicht über den wellenkamm hinwegschauen kann.

01. Jun. 2013

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