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Selbermachen: Geräteträger, oder: Besser Scheitern Teil 1
Ich hatte mir das so schön vorgestellt: Ein günstig erstandener Träger mit exakt den passenden Maßen, entweder aufs Deck oder, noch besser, auf die Reling geschraubt. auf dem Geräteträger dann Windgenerator, Fluxgatekompass, Navtex-Antenne, Paddelrad für die Windanzeige. Und Platz für weitere Gadgets, wenn sie erschwinglich oder nötig werden, zum Beispiel Radar, Solarpanel, Wettersensoren.
Nach vielen Wochen aufmerksamer Suche in den üblichen Anzeigenheften und -webseiten fand ich endlich einen Träger mit den passenden Maßen. Also Auto gemietet, hingefahren, Träger zum Boot gebracht. Professionell geschweißt aus seewasserbeständigem Aluminium, von den Maßen her genau der Abstand zwischen den beiden achteren Relingskörben, und unten am Fuß sogar schon ein aufgeschnittenes Rohr mit 30 mm Durchmesser, das exakt auf das 25 mm Relingsrohr passen würde.
Erster Rückschlag: Die Relingskörbe laufen nicht parallel, der Träger schon. Und das obere Rohr der Relingskörbe ist auch nicht so gerade, wie ich gedacht hatte. Aber egal. Mit Flaschenzug zwinge ich den Träger auf den Heckkorb und befestige ihn mit jeweils drei massiven Schellen.
Zweiter Rückschlag: Der Geräteträger ist in sich nicht stabil. er schwingt seitlich viel zu stark, um nur daran zu denken, einen Windgenerator obendrauf zu montieren. Also besorge ich Aluplatten und Flacheisen, mit denen der Träger seitlich verstärkt und nach unten hin fest mit dem Heckkorb verbunden wird. Bleche und Flacheisen werden an die Rohre genietet. Die Konstruktion funktioniert auch, ich bin nach mehreren Tagen Arbeit sehr froh.
Dritter Rückschlag: Der Träger hat zwar gefühlt die richtige Höhe, aber der kleine Mast, der beim Generator dabei war, reicht nicht hoch genug, sodass die Rotorblätter bis zwei Meter über Deck heranreichen. Winken sollte man also nicht, wenn man unter dem Gerät steht. Zu gefährlich. also besorge ich eine Verlängerung und bin ein bisschen stolz über meine Idee, das neue Rohr mit dem ursprünglichen Fuß mit einem weiteren Rohrstück, das in die beiden Rohre passt, zu verbinden. Das Verbindungsrohr passt aber nun leider gerade nicht -- bei einem Durchmesser der Rohre von 48 mm und 3 mm Wandstärke müsste ein Rohr mit 42 mm Durchmesser passen, dachte ich. Aber dem ist nicht so. Weil eine Tolerant von Null eben niemals passt. Also mache ich einen Längsschnitt in das Verbindungsrohr, damit es sich zusammendrücken lässt. Das funktioniert auch. Die drei Rohre werden also schön vernietet und der Mast damit um siebzig Zentimeter verlängert. Ich bin sehr glücklich über diese Lösung, die sehr stabil ist.
Vierter Rückschlag: Ich montiere den Windgenerator auf seinem neuen, verlängerten Mast, auf dem Geräteträger und bin dabei fast euphorisch. Es ist ein heftiger Balanceakt und großer Kraftaufwand wegen der Hebelkräfte. Auf dem Achterdeck stehend balanciere ich den Generator auf seinem 1,20 m hohen Mast zu den Bohrlöchern und schraube ihn fest. Das funktioniert auch und sieht ziemlich gut aus. Ich freue mich. Greife dann an den Geräteträger und wackel ein bisschen. Der Mast und der Generator wackeln auch. Ich greife an den Mast vom Generator, im unteren Teil, und ziehe ihn nach vorne. Er lässt sich ein gutes Stück ziehen, die vordere Querstange des Geräteträgers federt freudig mit.
Fünfter Rückschlag: Und nicht nur das Rohr federt, sondern auch die Platte, die zwischen das vordere und das hintere Rohr geschweißt ist. Die Schweißnaht ist nicht durchgezogen, sondern nur alle zwanzig Zentimeter ein Stück Schweißnaht von fünf bis zehn Zentimetern. Dort, wo nicht verschweißt ist, federn das Blech und das Rohr. Ich besorge also einen weiteren Aluwinkel und ein Flacheisen, um die Platte und das Rohr horizontal zu stabilisieren. Das gelingt auch einigermaßen. Es ist bei weitem nicht mehr so weich wie vorher. Aber, und das ist der aktuellste Rückschlag, es ist immer noch weich. Der Generator lässt sich mit wenig Kraft nach vorne ziehen und in Schwingung versetzen. Der zentrale Problempunkt ist die Verbindung von Geräteträger und Generatormast. Hier sind enorme Hebelkräfte am Werk. Ich rechne mir das also aus: Laut Gebrauchsanleitung muss die Konstruktion eine Zugkraft von 68 kg am Windgenerator aushalten. Weil der Mastfuß nur zehn Zentimeter breit ist, dafür der Mast aber 120 Zentimeter lang, ist das ein 12facher Hebel. Am Mastfuß wirkt also eine Kraft von etwa 800 kg. Das ist bald eine Tonne.
Mit dieser Zahl kann ich nicht viel anfangen. Plastischer wird es so: Ich wiege etwa siebzig. Wenn ich mich also oben horizontal an die Stange hängen kann, dann geht das alles. Oder wenn man das Ding um 90 Grad kippt und ich hänge mich ganz normal dran. Das, und vielleicht ist das der finale Rückschlag und ich sollte den ganzen Scheiß jetzt einfach wieder abbauen, das kann ich mir nicht so richtig vorstellen. Aber einen Test ist es allemal wert.

Es ist hart, festzustellen, dass alle bisherige Mühe zwar zum unter den Umständen bestmöglichen Ergebnis geführt hat, dieser Zustand aber trotzem noch nicht ausreichend ist. Oder jedenfalls vermutlich nicht ausreichend ist. Vielleicht geht das ja auch, vielleicht kann der Generator auf dem Träger ein bisschen wippen, vielleicht ist das gar nicht so schlimm. Aber richtig fühlt es sich nicht an. Wenn ich an unsere Starkwindepisoden in Norwegen denke, wünsche ich mir eigentlich einen Träger, der überhaupt nicht wackelt. Noch bin ich nicht bereit, das Ding, für das ich soviel Zeit; Mühe und Geld aufgebracht habe, einfach wieder abzubauen und mit einer Mastlösung zu ersetzen. Konnte ich wirklich so daneben liegen mit meinen Überlegungen? Oder ist das nicht einfach nur eine übertriebene Furcht vor einem Bisschen Gewackel? Ich meine, sogar unser Mast wackelt, wenn wir unterwegs sind, und das ist ganz normal. Am Ende wäre ein Umstellen auf die klassische, stabilere Lösung aber vermutlich der richtige Schritt. Nur während ich hier hin und her baue hat der Sommer längst angefangen, und ich will endlich los. Ich hab wirklich genug gebastelt. *to be continued ...*

21. May. 2016

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