Ozeansegeln. Reiseaufzeichnungen

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strange place for snow
wir sind viel unterwegs gewesen, und die bedingungen sind weiterhin anstrengend bis erschöpfend. deshalb schreibe ich nur wenig. es regnet viel, daran haben wir uns inzwischen gewöhnt. außerdem wird es kälter. vierzehn grad, maximal. sonst auch gerne mal um die zehn. lange unterhosen, lange hosen, darüber die regenhose, gegen nässe und wind, langärmliges shirt, kapuzenpulli, wollpullover und gefütterte segeljacke, und ohne handschuhe werden die hände nach einer halben stunde steif.
seit zwei tagen liegen wir in rosendal, am eingang des hardangerfjords. die berge erheben sich hier vom ufer weg bis auf zweitausend meter. die einfahrt in den fjord war ein bisschen so, als würde man in ein überflutetes alpental einfahren. und in der tat sind die berge hier alpin. vom hafen aus können wir einen gletscherberg sehen, und ringsum auf den bergen liegt schnee. wir sind wirklich im norden angekommen.
die fahrt bis tananger war abwechslungsreich. ums kap lindesnes, das südlichste kap norwegens, fuhr uns nochmal ein starker südwestwind in die segel, bei bis zu sieben beaufort am kap, aus südwest, mussten wir uns um diesen punkt noch herumkämpfen. aber jetzt waren die bedingungen nicht mehr so neu für uns, mit der starkwindfock und dem großsegel im dritten reff arbeiteten wir uns schritt für schritt voran, bis wir dann nach dem kap etwas abfallen konnten und mit einem schrick in den schoten bei guter geschwindigkeit bis zum hafen farsund segeln konnten.
ein netter junger typ von einem polnischen zweimaster nahm unsere leinen an. die yacht war ein gutes stück vor uns ums kap gekreuzt, gut erkennbar daran, dass sie nur ein stück vom vorsegel und das kleine besansegel gesetzt hatten. auch am nächsten tag haben wir die gleiche route. der zweimaster wählt einen etwas landseitigeren kurs, während wir uns einen kleinen luvbogen erlauben, der uns ein stück von der küste wegführt. das erste mal seit göteborg kommt an diesem tag der wind nicht von vorne, und wir genießen das segeln auf raumwindkurs. mit dem wind und den wellen schräg von hinten spielt aimé ihr geschwindigkeitspotenzial aus, und schon bald lassen wir den etwas gemütlicher segelnden zweimaster achteraus. erst am späten nachmittag dreht der wind, kurz vor dem leuchtturm egeroe, der das letzte kap markiert, das wir heute runden wollen. also schalten wir wieder auf den am-wind-modus um und kreuzen bis zu einer kleinen bucht auf der nordseite der nördlichen einfahrt nach egersund.
die bucht ist im revierführer beschrieben, den wir dabei haben, und offenbar hat die polnische yacht den gleichen führer, denn etwa eine stunde nach unserer ankunft läuft das boot auch in die bucht ein. wir liegen längsseits an einem steg, der eigentlich für das anlegen mit heckanker und bugleinen vorgesehen ist. aber weil die saison hier noch immer nicht so richtig angefangen hat, ist das okay. nur die tiefe stimmt nicht ganz. als wir schon fest sind merke ich, dass das boot mit dem kiel den fels touchiert. nicht schlimm, nur ganz sachte, aber es reicht, um sofort wieder abzulegen, ein stück weit ins becken der bucht hinein zu fahren und den anker zu werfen. die anderen segler dankens uns und legen sich auf den frei gewordenen platz.
am nächsten tag schlafen wir aus. wind soll es erst ab dem nachmittag geben. aber ich bin's zufrieden. von egersund bis tananger ist ein letztes längeres ungeschütztes stück küste zu bewältigen, bis wir endlich in den westnorwegischen schärengarten einlaufen. und auch wenn ich guten wind am meisten schätze, ist hier in diesen breiten zuwenig wind doch besser als zuviel. und aimé kann mit ihrer 120-prozent-besegelung auch bei sehr wenig wind noch gut strecke machen, sodass wir erst am ende des tages, als der wind komplett einschläft und nur eine etwa eineinhalb meter hohe dünung aus nordwest das boot von einer seite auf die andere schiebt, motoren müssen.

pacific princess

von tananger aus segeln wir endlich wieder im schutz der inseln. für die kommenden tage sind südliche wind vorhergesagt, die wir nutzen wollen, um weiter nach norden zu kommen. wir starten am frühen vormittag bei drei bis vier beaufort. der himmel ist bewölkt, zwischendurch regnet es ein wenig. ohne die dünung, die uns in den letzten tagen immer geschaukelt hat, gleitet aimé sanft und leise übers wasser, ein ganz erstaunliches gefühl. in der ferne tauchen berge auf. bald fahren wir in den haugesund ein, und nach und nach rücken die beiden ufer, zwischen denen wir fahren, näher zusammen. bisher hat der wind beständig geweht, aber kurz vor haugesund, wir fahren gerade in eine etwas weitere bucht ein, die als hafen für frachtschiffe dient, frischt der wind plötzlich massiv auf. ich sehe die erste bö kommen, bevor sie uns erwischt. aber noch bevor wir ein manöver einleiten können ist die bö da und presst aimé auf die seite. wir luven an und reffen das großsegel gleich ins zweite reff, bergen dann das vorsegel. problematisch ist die situation nicht, aber es ist doch immer wieder überraschend, wie schnell sich der wind hier ändern kann, und wie massiv die böen dann einfallen können. für ein kurzes assessment der situation und um zu entscheiden, ob wir in haugesund in den hafen gehen oder doch weiterfahren sollen, drehen wir das boot bei. haugesund ist nur wenige meilen entfernt, aber eigentlich wollten wir noch ein gutes stück weiterkommen heute. hinter haugesund kommt ein fünf meilen langes stück, das nach westen offen ist und deshalb nur bei passenden bedingungen gemeistert werden kann. und auch wenn der wind jetzt sehr stark weht, kommt er doch aus südost und weht also ein wenig ablandig, sodass sich direkt an der küste keine hohe see aufbauen kann.
der wind wird nicht mehr weniger, also gehen wir erstmal wieder in fahrt, folgen dem fahrwasser in richtung haugesund, wo wir so oder so vorbei müssen, egal ob wir dann in den hafen einbiegen oder nicht. der wind weht so stark, dass aimé nur mit dem doppelt gerefften großsegel konstant sechseinhalb knoten segelt. als wir uns dem hafen nähern, erreicht uns ein funkspruch. daniel sitzt unten am kartentisch und hört, wie eine segelyacht nahebei haugesund gerufen wird, vom kreuzfahrtschiff pacific princess. wir biegen gerade um die ecke und sehen das riesige schiff am kai liegen, direkt vor der einfahrt in den yachthafen. die motoren laufen, an den leinen sind hafenarbeiter beschäftigt. wir funken zurück, und tatsächlich sind wir gemeint. der lotse der pacific princess bittet uns, abstand zu halten vom bug und vom heck des dampfers, man ist mit dem ablegemanöver beschäftigt, das ein wenig haarig sei, "it is a bit windy". noch nie, nie, nie hat uns ein großes schiff angefunkt, und es ist toll, einen kurzen moment mal so wichtig zu sein. wir versichern dem lotsen und dem kapitän, dass wir uns freihalten und sowieso nicht in den hafen einlaufen wollen, und dass wir northbound sind. die pacific princess ist southbound, meint der lotse, "also alles kein problem".
und dann sind wir schon vorbei an haugesund und an backbord öffnet sich wieder das meer. der wind weht mit sieben beaufort von schräg hinten, und wir schlagen die starkwindfock an, um im zweifel besser manövrierfähig zu sein und das großsegel ins dritte reff setzen zu können, falls der wind noch weiter zunimmt. unsere rechnung mit dem ablandigen wind geht aber gut auf, der wind schiebt uns schnell über den offenen abschnitt wieder in den schutz der seeseitigen inseln. über navtex -- ein system zur funkgestützten verbreitung von nautischen warn- und wetternachrichten in textform -- kommt eine sturmwarnung des norwegischen seewetterdienstes für unser seegebiet. ab dem frühen morgen soll der wind auf acht beaufort auffrischen. weil der norwegische wetterdienst nach unserer erfahrung immer sehr exakte prognosen liefert oder manchmal auch ein wenig untertreibt, nehmen wir die warnung ernst und segeln bei jetzt erstmal abflauendem wind nach mosterhamn, ein hafen, der bei südlichen winden guten schutz bietet.
in der tat nimmt der wind am frühen morgen zu und gegen mittag stürmt es draußen heftig. wir nutzen den segelfreien tag und erkunden die gegend. in moster, dem dorf zum hafen, steht die ältestes steinkirche norwegens, im 12. jahrhundert gebaut. in der holzkirche, die vorher am selben ort stand, hielt der heilige olaf den ersten christlichen gottesdienst, bevor er in den darauf folgenden jahren seinen anspruch auf den thron durchsetzte und damit die christianisierung norwegens massiv vorantrieb.
die kirche ist toll, die wände sind mit malereien aus dem frühen 17. jahrhundert geziert, auch der altar und die bänke sind ein paar hundert jahre alt.

heute wollen wir noch weiterfahren, wenn hoffentlich am nachmittag die sonne noch durchkommt, wie vom wetterbericht vorhergesagt. ansonsten segeln wir eben weiter im regen, wie auch in den vergangenen tagen. man gewöhnt sich irgendwann dran. und das wasser, das da vom himmel kommt, ist unglaublich frisch.

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03. Jul. 2016

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