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Last Chance to Party
In Kopervik sprachen uns an einem Abend noch zwei nicht mehr ganz nüchterne Typen an, die mit ihrem Boot, einer schnittigen kleinen Segelyacht, gegenüber am Steg lagen. Sie fragten nach woher, wohin und wir fragten das Gleiche. Für die Regatta seien sie hier, die am nächsten Tag starten solle, erst mit einem Lauf auf dem Sund vor Kopervik, am Nachmittag dann mit einem Streckenrennen von Kopervik nach Haugesund. Dort sei ein großes internationales Jazzfestival mit vielen guten Konzerten, noch das ganze Wochenende (es war Freitag). Wir sollten unbedingt nochmal zurück fahren, um das Festival mitzukriegen. Für mich ein absurder Gedanke, nochmal zurück zu fahren, waren wir doch in den vergangenen Tagen so gut unterwegs gewesen, fokussiert auf ein zügiges Nachhausekommen. Aber dieses Bestehen darauf, dass wir dieses Festival auf keinen Fall verpassen dürfen, machte zumindest klar, dass es ihm ganz wichtig war.
Die beiden waren am Tag von Stavanger nach Kopervik gesegelt. Bald kam die Frage auf, ob wir in Stavanger vorbei gekommen seien, und als ich das verneinte, brach der Lokalpatriotismus sich in einer fast wüsten Beschimpfung Bahn: What, you didn't go to Stavanger? You are a fucking moron!
Was kumpelhaft gemeint war, empfand ich dann aber doch als ein wenig zu grob. Konnte aber auch sehen, dass er selbst von seiner Wortwahl etwas überrascht war. Und verstand auch, dass dieser inszenierte outcry eigentlich nur eine gesteigerte Form des üblichen Lobes verschiedener Orte war, das hier in vielen Gesprächen früher oder später stattfindet. Ab und an wurde uns dann erzählt, wo wir unbedingt hinfahren müssten wegen diesem und jenem unglaublich großartigen Ding.
An Stavanger vorbei zu fahren ist aber natürlich auch idiotisch. Insofern konnte ich nur beipflichten. Aber dass wir vorbei gefahren waren (und auf der Rückfahrt fuhren wir dann wieder vorbei, fucking morons) hatte ja seine Gründe, aber dem betrunkenen, kumpeligen Regattasegler diese Gründe darzulegen war in der Situation echt nicht angebracht.
Das Boot, mit dem sie da waren, war aber cool. Und ihre Story dazu war auch cool, und auch ein bisschen traurig. X-Men hieß das Boot, und vorne am Bug, vor dem Schriftzug, hatten sie sich einen Custom-Aufkleber gebastelt, und das sah grafisch dann so aus, als säße Wolverine vorne im Bug und würde gerade seinen Supermetallkrallen durch den Rumpf reißen. Mit dem Namen wollten sie aber auch ausdrücken, dass sie beide zwei geschiedene Männer sind. X-Men eben. Ha, ha. Als Identitätsentwurf fand ich das dann aber auch ungewollt subversiv, diese Mischung aus Ex-Mann und Übermann.
Später kam noch ein zweites Boot an, diesmal mit einer Frauencrew, die sich neben die X-Men legte, man kannte sich wohl auch. Lea kam noch mit einer der beiden ins Gespräch, auch über Haugesund. Das Jazzfestival sei wirklich toll, und es sei eben schon das Ende der Saison, sonst sei halt nirgends mehr was los. It's your last chance to party.

20. Aug. 2016

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